Das passiert allerdings sehr viel schneller als beim Wandern im Gebirge oder bei einem anrauschenden Tief oder Gewitter. Der Kompensationsmechanismus im Ohr wird beim Fliegen gehörig gefordert. Wie funktioniert das eigentlich?
Was passiert mit dem Trommelfell bei steigendem oder fallendem Außendruck?
Das Trommelfell ist eine dünne Membran, die den Gehörgang luftdicht zum Mittelohr hin abschließt. Wenn der Luftdruck plötzlich steigt, ohne dass das Mittelohr so schnell mit Druckausgleich darauf reagieren kann, wölbt sich das Trommelfell in Richtung Mittelohr. Bei plötzlich fallendem Außendruck wölbt es sich entgegengesetzt, weil der Druck im Mittelohr höher ist als der Umgebungsdruck im Gehörgang. Das genau ist das Prinzip, das sich unser Ohr bei der Schallübertragung zu Nutze macht. Schallwellen in der Luft entsprechen rasend schnellen winzigen Luftdruckschwankungen, die das Trommelfell je nach Höhe des Schalls in Vibration versetzen. Unser hörbares Schallspektrum liegt etwa bei 16 Hz bis 20.000 Hz. Die Vibration des Trommelfells wird mechanisch an die Gehörknöchelchen im Mittelohr weitergeleitet und in der Gehörschnecke in Nervenimpulse umgewandelt. Während bei der Schallübertragung ein zu schneller Druckausgleich im Mittelohr das Hörvermögen reduzieren würde, ist eine Druckanpassung zwischen Gehörgang und Mittelohr bei langsamen Druckschwankungen unbedingt notwendig, da es sonst zu schmerzhaften Ausbuchtungen des Trommelfells kommt, die unser Hörvermögen vorübergehend oder dauerhaft beeinträchtigen können.
Wie funktioniert der natürliche Druckausgleich im Ohr?
Das Ohr ist mit der 3 bis 4 Zentimeter langen Eustachischen Röhre (Tuba auditiva) mit einem wunderbaren Instrument für den Druckausgleich ausgestattet. Die Röhre stellt den Druckausgleich zwischen Mittelohr (Paukenhöhle) und Gehörgang langsam genug her, um unser Hörvermögen nicht zu beeinträchtigen, aber auch schnell genug, um bei langsamen Druckänderungen keine Schmerzen entstehen zu lassen. Die Röhre verbindet das Mittelohr mit dem Nasen-Rachenraum und ist normalerweise geschlossen. Bei abnehmendem Außendruck entsteht im Mittelohr ein leichter Überdruck, der dazu führt, dass sich die Röhre ein wenig öffnet und Luft – es handelt sich dabei um winzige Mengen – in den Rachenraum entlässt. Im umgekehrten Fall, wenn sich der umgebende Luftdruck erhöht, müssen kleine Luftpölsterchen durch die Eustachische Röhre bis zum Mittelohr gelangen. Das funktioniert in der Regel nur aktiv durch Bewegen der Kaumuskulatur, also durch Schlucken oder Kauen. Sie haben wahrscheinlich schon einmal einen kurzzeitigen Druckanstieg bei der Begegnung zweier Schnellzüge erlebt oder wenn ihr Schnellzug mit hoher Geschwindigkeit in einen Tunnel einfährt. Sie spüren dann einen eigenartigen, nicht direkt schmerzhaften, Druck auf den Ohren, der sich in der Regel durch Schlucken oder Kauen wieder verflüchtigt. Ähnliches erleben Sie in einer Bergbahn bei schneller Talfahrt.
Wie häufig bei Kindern, aber auch bei vielen Erwachsenen zu beobachten ist, funktioniert vor allem der Druckausgleich bei ansteigendem Umgebungsdruck nicht ordnungsgemäß, so dass es nicht nur zu einem Druckgefühl im Ohr kommt, sondern sogar zu stechenden Schmerzen. Der eingeschränkte Druckausgleich tritt besonders deutlich bei Erkältungen oder jeglichen anderen Entzündungen im Bereich Nase-Rachen-Mittelohr auf, weil die Eustachische Röhre teilweise mit Schleimhaut ausgekleidet ist, die bei Entzündungen anschwillt und die Tuba auditiva regelrecht blockieren kann.
Im Flugzeug fällt der Kabinendruck beim Steigflug und steigt beim Sinkflug
Die Reiseflughöhe eines modernen Passagierjets liegt bei etwa 10.000 m über dem Meeresspiegel. Ohne künstliche Sauerstoffversorgung könnten wir in dieser Höhe nicht überleben, denn der Außendruck beträgt nur etwa ein Drittel des auf Meereshöhe herrschenden Normaldrucks. Um das Problem mit der Sauerstoffversorgung elegant zu umgehen, wurden sogenannte Druckkabinen entwickelt, die den Kabinendruck künstlich in etwa auf dem eines 2.000 m hohen Berges halten. Nach dem Abheben erreicht das Flugzeug in 10 bis 15 Minuten die Reiseflughöhe. Der Luftdruck fällt in der gleichen Zeit auf ein Niveau wie er in 2.000 m Höhe herrscht. Wenn Ihre Eustachischen Röhren gut für den nötigen Druckausgleich sorgen, spüren Sie kaum etwas davon. Falls sich die Verbindung zum Mittelohr nur verzögert oder gar nicht öffnet, können sich stechende Schmerzen einstellen, die möglicherweise sogar während des Reiseflugs anhalten. Die meisten Probleme mit Druckgefühl im Ohr und anhaltenden, stechenden Schmerzen treten allerdings beim Sinkflug auf, weil jetzt der Kabinendruck wieder zunimmt und für Druckausgleich im Mittelohr gesorgt werden muss. Wenn die Eustachische Röhre aufgrund eines Katarrhs oder anderer gesundheitlicher Probleme nicht öffnen kann, treten starke Schmerzen auf. Das Gehör kann in diesen Fällen vorübergehend oder anhaltend Schaden erleiden.
Wie kann man Ohrenschmerzen bei Flugreisen vermeiden?
Für vorübergehende oder häufig auftretende Probleme mit dem Druckausgleich bei Flugreisen, stehen spezielle Ohrstöpsel oder Otoplastiken zur Vermeidung von Ohrenschmerzen beim Fliegen zur Verfügung. Das Wirkprinzip ist dabei immer gleich: Der Ohrstöpsel oder die individuell angefertigte Otoplastik dichtet den äußeren Gehörgang druckdicht gegenüber der Kabinenluft ab. In den Ohrstöpseln oder Otoplastiken befindet sich ein besonderer Luftfilter mit Mikroporen, der dafür sorgt, dass Druckänderungen in der Kabine erst zeitverzögert zum Trommelfell „durchgelassen“ werden, so dass der Eustachischen Röhre mehr Zeit zum Druckausgleich im Mittelohr gegeben wird. Potenziellen Ohrenschmerzen beim Fliegen wird auf diese Weise vorgebeugt.