Schon seit einiger Zeit machen die AirPods Pro den Alltag gut hörender Menschen angenehmer. Filterfunktionen ermöglichen z. B. die Ausblendung unerwünschter Umgebungsgeräusche (Noise-Cancelling), während der Klang des Gesprächspartners oder der Musikanlage kristallklar ans Ohr dringt. Die Arbeit in Großraumbüros oder auf langen Fahrten mit der Bahn soll dadurch deutlich vereinfacht werden. Durch „Live Listening (zu Deutsch: „Live-Mithören“) wird das iPhone, das iPad oder der iPod zu einem remote Mikrofon, das direkt an die AirPods streamt. Selbst bei starken Hintergrundgeräuschen können sich Nutzer so auf ihren Gesprächspartner konzentrieren. Selbst wenn der sich am anderen Ende des Raumes befindet, können Nutzer mühelos dem Gespräch folgen.
Bisher war das für die Hörgeräte-Branche allerdings noch kein besonderer Grund zur Sorge. Denn im Gegensatz zu professionellen Hörsystemen konnten die AirPods Pro nur die Lautstärke des Gesprochenen erhöhen, aber keine bestimmten Frequenzen. Mit dem neuen Update auf iOS 15 und der Funktion „Conversation Boost“ wird sich das nun ändern.
AirPods und iOS-Features für kompatible Hörgeräte
Bereits in der Pressemitteilung vom 19. Mai 2021 war über das Hörgeräteprogramm „Made for iPhone“ zu lesen, dass mit Apple kompatible Hörgeräte per iPhone an aktuelle Hörtests angepasst werden können. Leise Töne werden verstärkt und bestimmte Frequenzen an das Gehör des Nutzers angepasst.
Aus einer Spielerei für gut hörende Menschen wird damit nahezu ein Hörgeräte-Ersatz für Menschen mit Hörproblemen. Denn es geht noch weiter: Laut den Recherchen von hearingtracker.com, einem amerikanischen Vergleichsportal für Hörgeräte und Hörgeräteanbieter, wird es sogar möglich sein, ein durch Drittanbieter erstelltes Audiogramm als Grundlage für eine individuelle Verstärkung zu verwenden. Das heißt, Besitzer von AirPods Pros, die unter einer Hörminderung leiden, können zunächst mit Apps von Drittanbietern einen Hörtest machen.
Anhand des dabei entstehenden Audiogramms kann auch schon iOS 14 die Verstärkung ganz individuell anpassen. Und auch, wenn Sie nicht extra ein Audiogramm erstellen wollen, bietet Apple einige allgemeine Optionen zur Verbesserung des Audios an, wie z. B. ausgeglichener Ton, Stimmumfang, Helligkeit. Das alles funktioniert, ohne einen Fuß vor die Tür zu setzen oder einen Besuch beim Ohrenarzt oder Hörgeräteakustiker. Wahrscheinlich werden Sie von der Familie sogar noch um das neue, schicke Lifestyle-Produkt beneidet. Und auch wenn Apple mit seinen Produkten erfahrungsgemäß im oberen Preissegment liegt: Verglichen mit Premium-Hörgeräten, die teilweise bei mehreren Tausend Euro pro Stück liegen, sind ca. 270 € für die AirPods Pro ein echtes Schnäppchen. Eine kostenlose Gravur gibt es sogar noch dazu.
Mit dem neuen H1-Chip für die AirPods Pro hat Apple noch ein weiteres Problem gelöst: Die mit dem Smartphone oder Tablet aufgenommenen Hörinformationen müssen wahnsinnig schnell weiterverarbeitet werden, damit die Geräusche nicht versetzt, sondern in Echtzeit beim Benutzer ankommen. Dies ist laut Aussage von Apple durch die neue Technologie ebenfalls gewährleistet.
Um die neuen Funktionen nutzen zu können, müssen Sie mindestens iOS 15 installieren.
„Conversation Boost“: macht iOS 15 AirPods zu Hörgeräten?
Mit dem Update auf iOS 15 geht Apple einen bedeutenden Schritt weiter! Zum besseren Verständnis, ein kurzer Überblick, was bisher schon mit AirPods Pro möglich war:
- Aktive Geräuschunterdrückung von Außengeräuschen sowie Geräuschen im Ohr
- Transparenzmodus, der auf Knopfdruck Umgebungsgeräusche zulässt und Gespräche trotz Kopfhörer ermöglicht.
- Live-Mithören bzw. Live Listening: Das iPhone dient als Remote-Mikrofon und verstärkt die Stimme des Gesprächspartners bei der Audioausgabe über AirPods.
- Kopfhörer-Anpassungen: Über iOS werden persönliche Audiogramme hochgeladen und die Audioausgabe über Kopfhörer individuell angepasst.
- Made for iPhone: Kopplung des iPhones mit kompatiblen Hörgeräten anderer Hersteller und Einstellung des Hörgeräts über iOS.
Mit dem Update auf iOS 15 werden die eigenen AirPods fast zum Hörgerät. Wenn es bisher überwiegend um die Hörgesundheit des Durchschnittsnutzers ging, zielt die aktuelle Entwicklung auf die aktive Unterstützung von Menschen mit Hörschwäche ab. In diese Richtung forscht und entwickelt Apple seit einiger Zeit, wie die Apple Hearing Study zeigt.
Das Feature Conversation Boost ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Hörgeräte-Alternative. Conversation Boost wird in iOS 15 in den AirPods-Einstellungen aktiviert und konfiguriert. Die Funktion fokussiert den Mikrofonempfang der AirPods auf die Person, mit der man spricht und die man dabei ansieht bzw. in deren Richtung man den Kopf gerichtet hält. Sie können außerdem in iOS 15 einstellen, wie stark mit Conversation Boost Umgebungsgeräusche ausgeblendet werden sollen.
Inwieweit Apple mit Conversion Boost, Live Listening und weiteren Funktionen seine AirPods zur Hörgeräte-Alternativen machen kann und wie stark eine Hörbehinderung ausgeprägt sein kann, damit die AirPods das Hörgerät ersetzen, muss noch sorgfältig getestet werden. Für Nutzer mit nur leichter bis mittlerer Hörschwäche dürften die AirPods unter iOS 15 bereits jetzt eine attraktive, unkomplizierte und vor allem günstigere Alternative zum Hörgerät sein.
Sie wollen mehr über den Aufbau und die Funktion von AirPods Pro wissen? Hier haben wir das Wichtigste für Sie zusammengestellt.
Aufbau und Funktion der AirPods Pro Ohrhörer
AirPods Pro In-Ears verfügen über zwei Mikrofone. Das außen sichtbare hat eine größere Öffnung, die mit Netzgewebe bedeckt ist. Sie nimmt alle Umgebungsgeräusche auf und leitet sie an den Lautsprecher weiter. Der Verstärker reguliert in Zusammenarbeit mit dem H1-Chip die Lautstärke. Der zwischen beiden Mikrofonen befindliche Lautsprecher (High-Excursion Tieftöner) sorgt für eine Verstärkung der tieferen Frequenzen. Die im H1-Chip verbauten zehn Audiokerne sorgen für den reibungslosen Ablauf sämtlicher Funktionen. Egal ob Sie Musik hören, telefonieren oder Siri beauftragen.
Der in den Ohrhörern verbaute ANC-Chip führt Active Noise Cancelling (aktive Geräuschunterdrückung) durch. Im unteren Bereich des Hörers befinden sich Vertiefungen, über die Sie manuell bestimmte Funktionen aktivieren können. Durch Drücken und kurzes Festhalten können Sie zwischen Telefonieren und Musikhören wechseln. Oder vom Transparenzmodus zur aktiven Geräuschunterdrückung umschalten. Dank der je nach Ohrform großen, mittleren und kleinen Silikontips verbleiben die AirPods Pro Ohrhörer fest an ihrem Platz.
Kabellose In-Ears und auch digitale Hörgeräte sind mit der aktiven Geräuschunterdrückung ANC ausgerüstet. Damit werden störende monotone Umgebungsgeräusche wie das Rattern eines fahrenden Zuges neutralisiert. Bei den Apple Ohrhörern wird das Active Noise Cancelling durch die Kombination zweier Verfahren erreicht: Das nach außen gerichtete Mikrofon nimmt den Umgebungsschall auf und leitet ihn an den ANC-Chip weiter. Dieser analysiert ihn und erzeugt anschließend mithilfe eines speziellen Algorithmus ein gegenphasiges Signal, den sogenannten Gegenschall. Diese Überprüfung wird 200-mal pro Sekunde vorgenommen, sodass der Antischall ständig neu angepasst wird. Der Gegenschall hebt die Geräusche aus der Außenwelt fast hundertprozentig auf. Deshalb sollten Sie die Ohrhörer besser nicht im Straßenverkehr tragen. Die aktive Geräuschunterdrückung funktioniert grundsätzlich mit gleichbleibend tiefen Frequenzen besser als mit kurzen hohen. Und wird in einer kleinen Vertiefung am Hörer selbst oder via Smartphone eingestellt.
Bei Hörgeräten der Mittel- und Premiumklasse erfolgt die Unterdrückung von Störgeräuschen mithilfe der Richtmikrofontechnologie. Dabei unterscheidet man zwischen Nutzsignal und Störschall. Damit Sie als Hörgeräteträger das Nutzsignal (Stimme des Gesprächspartners) aus den Umgebungsgeräuschen heraushören, drehen Sie sich zu ihm hin. Weil beide Mikrofone hintereinandergeschaltet sind, nimmt das zweite Mikrofon das Nutzsignal zeitverzögert und aus einer anderen Position auf. Der Prozessor analysiert die Nutzsignal-Daten und verstärkt sie digital. Gleichzeitig unterdrückt er störende Nebengeräusche. Dies geschieht mithilfe einer weiteren Funktion, die je nach Hörgeräte-Hersteller ANC, ASU oder anders heißt. Möchten Sie als AirPods Pro User aber hören, was um Sie herum passiert, schalten Sie den Transparenzmodus am Hörer oder via iPhone ein. Dann hören Sie die Geräusche aus der Richtung und Höhe, aus der sie kommen. Das entspricht dem Richtungshören der Hörgeräte. AirPods Pro werden wie moderne Hörgeräte regelmäßig aufgeladen. Dafür steht ein kabelloses Ladecase zur Verfügung. Eine volle Betankung im Ladecase reicht für mehr als 24 Stunden Betrieb aus. Auch Premium-Hörgeräte lassen sich auf diese Weise aufladen.
Die Bedienung der Apple Ohrhörer ist kinderleicht. Sie sprechen einfach ihren digitalen Assistenten mit „Hey Siri“ an. Und geben ihm anschließend den entsprechenden Sprachbefehl. Über diesen werden dann die Lautstärke, das Annehmen von Anrufen, das Pausieren des Musikstreams und andere Funktionen geregelt. In der Smartphone-App können Sie darüber hinaus festlegen, dass Sie die Bedienung manuell am Gerät vornehmen möchten. Das Headset verbindet sich vor jeder Nutzung automatisch via Bluetooth mit dem iPhone. Zur erstmaligen Koppelung legen Sie das Ladecase mit den Ohrhörern direkt neben Ihr iPhone. Auf dem Startbildschirm erscheint dann eine Einrichtungsanimation. Danach tippen Sie die Buttons „Verbinden“ und „Fertig“ an. Anschließend können Sie Ihre In-Ears ohne erneutes Koppeln mit Ihren anderen Apple-Geräten nutzen. AirPods Pro lassen sich über Bluetooth sogar unproblematisch mit Mobilgeräten anderer Hersteller und natürlich auch mit bluetoothfähigen TV-Geräten verbinden.