Viele Menschen mit Hörverlust verzichten trotz Einschränkungen im Alltag auf die Unterstützung durch ein Hörgerät – laut Statistik über 50% aller mittel- bis hochgradig hörbeeinträchtigten Personen. Das liegt laut den Herstellern an festsitzenden Vorurteilen, da man die kleinen technischen Helfer in erster Linie mit alten Leuten und Menschen mit Behinderung in Verbindung bringt.
Tatsächlich waren Hörgeräte über Jahrzehnte hinweg eher klobige und unansehnliche Hörverstärker, bei denen nur wenig Rücksicht auf Tragekomfort und Optik genommen wurde. Die meist fleischfarbenen Kästchen an Großvaters Ohren neigten zu ständigen Rückkopplungen und waren weit davon entfernt den individuellen Hörverlust seines Trägers auszugleichen.
Vom analogen zum smarten Hörgerät
Diesem Problem haben sich Ingenieure jedoch bereits vor Jahren angenommen und die analogen Gehäuse zu Wunderwerken der digitalen Technik weiterentwickelt. Moderne Hörgeräte sind formschöne und je nach Modell nahezu unsichtbare Minicomputer, die die Lebensqualität ihrer Nutzer um ein Vielfaches steigern können.
So lassen sie sich inzwischen gezielt auf die Hörbedürfnisse ihrer Besitzer einstellen und sind mit Automatikprogrammen für verschiedene Umgebungslautstärken versehen. Störgeräusche werden damit effektiv ausgeblendet, während der erwünschte akustische Reiz verstärkt wird. Zusätzliche Sensoren dienen der laufenden Erfassung körperlicher und mentaler Aktivität und ersetzen damit sonstige Fitness-Tracker. Selbst die Bedienung folgt durch Sprachassistenz dem aktuellen Trend der Digitalbranche.
Dank Bluetooth-Chip sind Hörgeräte außerdem in der Lage, eine kabellose Kopplung mit dem eigenen Smartphone einzugehen. Dadurch können die Einstellungen des Hörgeräts bequem via App gesteuert werden und auch der Hörgeräteakustiker kann während der Beratung direkt Zugriff nehmen. Die Verbindung zu Unterhaltungsgeräten wie Smart-TVs und Musikanlagen, ermöglicht außerdem das akustische Streaming, ohne dass andere anwesende Personen im Raum durch eine erhöhte Lautstärke gestört werden.
Verschmelzung von Hörgerät und Hearable
Durch diese Weiterentwicklungen sind Hörgeräte nicht mehr nur ein rein medizinisches Produkt, sondern eine intelligente Schnittstelle zum digitalen Informationsaustausch. Dies macht aus ihnen in gewisser Hinsicht moderne Hearables, welche ebenso wie Smartwachtes und Datenbrillen, einen Teil der Produktkategorie der sogenannten Augmented Reality (erweiterten Realität) darstellt. Zwar werden smarte Hörgeräte noch nicht unter dem Begriff Hearable vertrieben, jedoch übernehmen sie bereits einen Großteil deren Funktionen.
Parallel zum technischen Wachstum smarter Hörgeräte, findet nämlich auf dem Gebiet der Lifestyle-Gadgets die Einführung tatsächlicher Hearables statt. Mit diesen kleinen Geräten werden simple Ohrhörer mit zusätzlichen Funktionen angereichert, mit denen der Alltag gut hörender Menschen angenehmer gemacht wird. Filterfunktionen ermöglichen z.B. die Ausblendung unerwünschter Umgebungsgeräusche (Noise-Cancelling), während der Klang des Gesprächspartners oder der Musikanlage kristallklar ans Ohr dringt. Die Arbeit in Großraumbüros oder auf langen Fahrten mit der Bahn soll dadurch deutlich vereinfacht werden.
Da Hörgeräte immer intelligenter werden und in zunehmenden Maß Funktionen von Hearables übernehmen, könnte die Abgrenzung zwischen den Gerätetypen verschwimmen. Da jedoch ein echtes Hearable bisher noch keine Hörverstärkung beinhaltet, könnte es ebenso gut weiterhin bei zwei Produkttypen bleiben. Dennoch wird diese Entwicklung die Hemmschwelle für die Anschaffung eines Hörgeräts sehr wahrscheinlich deutlich senken. Damit würden Hörgeräte eine ähnliche Metamorphose durchlaufen wie es Brillen getan haben, die durch eine stylische Optik inzwischen ein eher positives Image genießen.
Die Zukunft bleibt spannend
Wie interessant dieser Fortschritt für Unternehmen ist, sieht man sehr gut am Beispiel der Deutschen Bahn. In Kooperation mit einem Hörgeräte-Hersteller, finden bereits erste Testläufe eines erweiterten Informationssystems statt. Durch Streaming werden dabei Ansagen am Bahnsteig und im Zug direkt an die Hörgeräte von Reisenden übermittelt, wodurch diese besser informiert werden können. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis weitere Unternehmen die Chance wahrnehmen, um ihr Angebot für Schwerhörige attraktiver zu machen.
Da Entwicklungszyklen innerhalb der Hörgeräte-Branche einem Jahresrhythmus unterliegen, werden wir schon bald von weiteren spannenden Entwicklungen hören. Es lohnt sich für Sie immer auf dem Laufenden zu bleiben sich nicht vor einer Beratung bei einem Hörgeräteakustiker in Ihrer Nähe zu scheuen. Nehmen Sie doch das Angebot eines kostenlosen Hörtests an!