Warum ein Hörgerät?
Die meisten Behandlungsmethoden für Tinnitus setzen im Inneren des Menschen an. Man versucht, Stress zu reduzieren oder die tiefer liegende Ursache zu finden, die die Ohrgeräusche ausgelöst hat. Dabei kann man den Weg mit der Schulmedizin gehen oder aber einen naturheilkundlichen Ansatz wählen. Doch manchmal hat selbst das alles nicht den gewünschten Effekt. Wie genau kann dann ein Hörgerät helfen?
Hörgeräte werden in erster Linie dazu verwendet, die Frequenzen bestimmter Umgebungsgeräusche zu verstärken, damit sie wieder wahrgenommen werden. Dazu verfügen Hörgeräte über einen Lautsprecher. Über diesen Lautsprecher kann man aber auch jedes andere beliebige Geräusch abspielen. Ursprünglich nannte man solche Hörhilfen, die gegen einen Tinnitus eingesetzt wurden „Masker“. Diese Hörgeräte erzeugten ein Geräusch, das als angenehmer empfunden wurde als der Tinnitus. Das Geräusch wurde so laut eingestellt, dass es den Tinnitus überlagerte. Bei einigen Betroffenen war diese Therapie erfolgreich, bei vielen aber leider auch nicht. So störte zwar der Tinnitus nicht mehr, aber das Geräusch des Maskers war so laut, dass es das gesamte Hörerlebnis beeinträchtigte.
Deshalb entwickelten viele Hörgeräte-Hersteller eine andere Form der Tinnitus-Behandlung. Sie produzierten sogenannte „Noiser“.
Wie funktioniert ein Noiser?
Noiser sind Klang- bzw. Rauschgeneratoren, die unterschiedlichste Klänge erzeugen können und in kleinsten Hörgeräten verbaut werden. Die Lautstärke des Geräuschs wird beim Noiser allerdings unterhalb der Lautstärke des Tinnitus eingestellt, so gering, dass es nahezu unbewusst wahrgenommen wird. So wird der Tinnitus nicht überlagert, sondern sanft mit anderen Klängen umspült. Vergleichen lässt sich das mit einer Stimme in einem Raum. Da es nur die eine Stimme gibt, kann man gar nicht weg hören. Befinden sich aber mehrere Personen in diesem Raum, die sich alle ruhig unterhalten, verschwindet die eine Stimme im angenehmen Gemurmel der Anderen. Fazit: Der Tinnitus verschwindet und ist für das Gehirn nicht mehr identifizierbar.
Nutzen Sie die Lernfähigkeit des Gehirns
Ein weiterer wichtiger Faktor in der Tinnitus-Therapie mithilfe eines Noisers ist Zeit. Denn Noiser nutzen die Lernfähigkeit des Gehirns aus, nach einiger Zeit gewisse Geräusche auszublenden. Zuerst soll der Tinnitus seinen störenden Charakter verlieren, sodass er angst- und stressfrei wahrgenommen werden kann. Das sorgt schon für eine enorme psychische Entlastung. Irgendwann wird der Tinnitus dann vom Gehirn als unwichtig eingestuft und schließlich komplett ignoriert.
Damit dieses System funktioniert, muss das vom Noiser erzeugte Geräusch vom Tinnitus-Betroffenen als möglichst angenehm empfunden werden. Deshalb kann man bei vielen Noisern zwischen verschiedenen Geräuschen wählen:
- Meeresrauschen,
- weißes Rauschen,
- rosa Rauschen,
- Hochtonrauschen,
- oder Sprachrauschen
So kann der Noiser individuell auf die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden. Viele Hörgeräte-Hersteller bieten eine spezielle Tinnitus-App an, mit deren Hilfe man bequem vom Smartphone aus zwischen den verschiedenen Geräuschen hin und her wechseln kann. Alternativ können auch andere Inhalte wie die eigene Lieblingsmusik, Hörbücher oder Entspannungsübungen per Bluetooth direkt auf die Hörgeräte übertragen werden.
Was Sie tun können
Auch wenn Sie nicht schwerhörig sind, kann Ihnen ein Hörgerät bei einem Tinnitus also eine große Erleichterung bringen. Damit diese Behandlung funktioniert, ist es wichtig, eine Hörmessung bei einem Hörgeräteakustiker durchführen zu lassen. So kann er das Geräusch ganz individuell auf Ihr Hörvermögen anpassen.
Zwar kann man auch bei einem Noiser zwischen verschiedenen Bauformen wählen, wie dem Hinter-dem-Ohr- oder Im-Ohr-Gerät. Aber wie die Erfahrung zeigt, sind offene Anpassungen oft besser, bei denen das Hörgerät hinter dem Ohr getragen wird. Dadurch verhindert man Rückkopplungen, die das Hörerlebnis wieder verschlechtern würden. Am besten Sie probieren es einfach aus. Und denken Sie daran, dass das Gehirn etwas Zeit braucht, um sich an die neuen Eindrücke zu gewöhnen.